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Psychiatriemuseen auf dem DGPPN Kongress

Unter dem Ausstellungstitel „Verortungen der Seele: Psychiatriemuseen in Österreich, der Schweiz und Deutschland“ konnten sich 17 Psychiatriemuseen auf dem diesjährigen DGPPN Kongress in Berlin einem breiten Publikum präsentieren. Vertreten darunter waren auch Reichenau und das Württembergische Psychiatriemuseum Zwiefalten und Bad Schussenried. In Deutschland existieren ca. 30 Psychiatriemuseen, 15 davon waren in Berlin vertreten, jew. ein Museum aus der Schweiz und aus Österreich. Die Vertreter der Museen konnten ein sehr großes Interesse und damit auch einen großen Erfolg verzeichnen durch ihre Ausstellung, zahlreiche Gespräche und Kontakte entstanden während der vier Tage, wodurch auch weitere Ausstellungsorte und Termine vereinbarten wurden; die Ausstellung wandert zunächst nach Düren ins Rheinland.
Wer schon einmal zwei oder drei Psychiatriemuseen besucht hat, kann feststellen, dass sie sich sehr unterschiedlich präsentieren. Verschiedene Themen wie Behandlungsmethoden, Diagnosepraxis, Krankheitsbilder, besondere Persönlichkeiten und bestimmtes Zeitgeschehen werden fokussiert. Immer sind auch die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen Nerven- und Seelenheilkunde stattfand, bedeutsam oder auch die jeweiligen Architekturen, wo dies geschah.
Die Intention der Museen ist in erster Hinsicht die Aufklärung der interessierten Besucher über das sehr spannende Fachgebiet. Neben der pädagogischen Vermittlung sind die Konservierung der Exponate und Forschungsvorhaben weitere Aufgaben der Psychiatriemuseen, die miteinander vernetzt kooperieren, um gemeinsame Ausstellungen, Wanderausstellungen und Veröffentlichungen zu realisieren.
Auch die internationale Zusammenarbeit mit ca. dreißig weiteren europäischen Psychiatriemuseen hat bereits zu einigen spannenden Kooperationen geführt. Gemeinsame Projekte betreffen unter vielem anderen die nationalsozialistischen Verbrechen, antike Vorstellungen zur Seele, Art Brut, die Psychiatrie in Entwicklungsländern und Psychiatrie im Film.
Unter dem Titel „Psychiatrie museal: vier Versuche, die Seele zu OBJEKTivieren“ fand auf dem Kongress ein Begleitsymposium statt.

Neben der Museumsausstellung konnte die Ausstellung „Der Traum vom Fliegen – Eine Begegnung mit Gustav Mesmer“ gezeigt werden.
Gustav Mesmer war Handwerker, Erfinder, Künstler  – und Psychiatrie-Erfahrener. Sein Traum war es, aus eigener Kraft von Dorf zu Dorf fliegen zu können. Alle lachten ihn deswegen aus. Nachdem er sechs Jahre lang als Novize in einem Kloster gelebt und gearbeitet hatte, dort aber nicht als Mönch aufgenommen worden war, störte er 1929 die Konfirmationsfeier in einer Kirche und wurde deshalb in die Psychiatrie eingewiesen; bis 1964 blieb er Patient in Heil- und Pflegeanstalten Süddeutschlands. Immer wieder bat er die Ärzte um Entlassung, mehrmals versuchte er wegzulaufen, aber niemand setzte sich für ihn ein – ein typisches Schicksal seiner Zeit. Erst 35 Jahre nach seiner Einlieferung wurde Gustav Mesmer entlassen und in ein Altersheim verlegt. Dort bekam er eine eigene Werkstatt, um in seinem „Brotberuf“ Körbe zu flechten, wo er aber auch seine vielen Flug-Ideen verfolgen konnte. Er baute Flugfahrräder und andere Flugobjekte, aber auch Musikinstrumente, und zeichnete dazu hunderte von Skizzen. Mit seinen Flugfahrrädern wurde er als Ikarus vom Lautertal populär; heute ist er einer der bekanntesten deutschen Künstler der Outsider Art/Art brut.