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Seelische Gesundheit per Videochat: Prävention in Zeiten der Pandemie

Viele ehrenamtliche Initiativen haben es während des Lockdowns nicht leicht. Besonders dann, wenn sie im Dienste am Menschen unterwegs sind, bleibt ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit wegen der Kontaktbeschränkungen auf der Strecke. Auch das Präventionsprojekt „andersnormal.“ im Landkreis Konstanz stand vor der Herausforderung, wie es seine Klientel während der Pandemie erreichen kann.

Denn die Aufklärung von Schulklassen, FSJ-Gruppen und Auszubildenden in Sachen seelischer Gesundheit lebte bislang insbesondere von der persönlichen Ansprache der Teilnehmer, die nicht zuletzt vom Kennenlernen der freiwillig tätigen Erfahrungsexperten mit eigener Leidensgeschichte profitieren sollten. Doch die Technik macht heute Vieles möglich – und sie zeigt, dass man in Krisen auf profunde Alternativen zurückgreifen kann. So bieten die Macher von „andersnormal.“ ihre Projekttage derzeit als Videokonferenz an – und gestalten über diesen Weg einige abwechslungsreiche Stunden für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die offenkundig bereit sind, selbst über solch ein Medium einen Erkenntnisgewinn mitzunehmen. Die Konfrontation mit dem oftmals noch immer tabuisierten Thema der psychischen Erkrankung kann somit auch über Tablet und Laptop gelingen.

Diese Erfahrung macht unter anderem Caroline Renz vom Zentrum für Psychiatrie Reichenau, die als hauptamtliche Koordinatorin des Projekts bereits mehrere Schülergruppen erfolgreich über die digitale Verbindung mit ihrem Anliegen erreicht hat, die jungen Menschen für deren eigene und die seelische Gesundheit von Mitschülern zu sensibilisieren: „Natürlich ist das etwas völlig Anderes, als den Teilnehmern persönlich in die Augen schauen zu können. Aber besondere Situationen erfordern Kreativität – und wir wollen unsere Botschaft auch in Zeiten von Covid-19 nicht verstummen lassen. Unser Ansatz, mit spielerischen, partizipierenden und lebensnahen Elementen einen Projekttag zu gestalten und dabei weder Vorträge zu halten, noch belehrend oder gar mit erhobenem Zeigefinger vorzugehen, ist auch virtuell recht praktikabel“, so Renz.

Dennis Riehle, der als ehrenamtlicher Erfahrungsexperte mit eigener Erkrankung praxisnah über den alltäglichen Umgang mit einer psychischen Störung berichten kann, zweifelte zunächst an der Umsetzbarkeit der Projekttage über den Videochat: „Für mich wirkte es befremdlich, über mehrere Stunden auf den Bildschirm zu starren und mit einer ganzen Klasse über ein Fenster des Webs zu kommunizieren. Allerdings habe ich mich davon überzeugen können, dass das Format unserer Projekttage tatsächlich auf elektronischem Wege an die Jugendlichen herangetragen werden kann. Zwar sehne ich mich danach, mit den Schülern endlich wieder von Angesicht zu Angesicht sprechen zu können; für den Moment ist es aber die richtige Lösung, auf neue Methoden zu setzen. Immerhin ist unsere Arbeit gerade dieser Tage wichtiger denn je, weil wir unsere jungen Teilnehmer durch Prävention in ihrer Resilienz stärken wollen. Sie kann dabei helfen, sich in herausfordernden Zeiten des wechselnden Fernunterrichts, der ausbleibenden sozialen Kontakte und eingeschränkter Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung vor psychischer Ermüdung besser zu schützen“, erklärt Riehle.

Und auch wenn die Kapazitäten des Projektteams begrenzt sind, können sich dennoch interessierte Lehrer, Schulsozialarbeiter und Betreuer von Klassen, FSJ-Gruppen oder Auszubildenden beim Projekt „andersnormal.“ melden, um einen digitalen Projekttag zu terminieren. „Selbstverständlich nehmen wir auch Voranmeldungen entgegen, für die Zeit nach den strengen Kontaktbeschränkungen – wenn also ein reales Treffen des Projektteams mit den jungen Menschen wieder möglich ist“, so Caroline Renz. Anfragen können direkt per Tel.: 07531/977-580 oder über Mail: info@andersnormal-konstanz.de an „andersnormal.“ gerichtet werden. Weitere Informationen unter www.andersnormal-konstanz.de

Text: Dennis Riehle