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Von den Neuroleptika bis zu den Neurowissenschaften: Mehr als des Kaisers neue Therapien?

01. Februar 2018
19:30 Uhr bis 21:30 Uhr
Universität Konstanz, Hörsaal A 702

Es wird behauptet, Psychopharmaka hätten die Behandlung und das Verständnis psychischer Störungen revolutioniert; Behandlungen wären heute erfolgreicher und sicherer; bald gäbe es kausale Therapie auf neurowissenschaftlicher Basis. Die zur Beurteilung von nachhaltigem Erfolg erforderlichen Langzeitstudien sind aufwändig und selten, aber inzwischen liegen Daten vor, um die behauptete Erfolgsgeschichte zu überprüfen. Dabei zeigt die vorhandene Evidenz, dass der Erfolg der Psychopharmaka deutlich geringer ist als behauptet, während Nebenwirkungen und Risiken größer sind. Im Vergleich zu Psychotherapie sind die längerfristigen Rückfallraten nach Psychopharmaka-Behandlung schlechter. Insgesamt ist damit das Kosten-Nutzen-Verhältnis dieser Medikamente schlechter als bei alternativen Behandlungen. Dass Psychopharmaka dennoch so häufig verwendet werden, liegt auch am Einfluss der Pharmaindustrie auf Publikationen, Ausbildung und Fachgesellschaften. So zeigten Re-Analysen veröffentlichter Schlüsselstudien z.T. entgegengesetzte Ergebnisse und Meta-Analysen systematische Verzerrungen. Auch die Nutzenbewertungen des IQWIG kommen zu kritischen Ergebnissen.

Kliniker, Patienten und Gesellschaft sollten die aktuelle Befundlage und ihre Hintergründe kennen. Die Vortragenden werden das Thema für Erwachsene (Margraf) und Kinder und Jugendliche (Schneider) behandeln.

Prof. Dr. Jürgen Margraf & Prof. Dr. Silvia Schneider, Universität Bochum