Blick von einer Empore in einen bunt bestuhlten Festsaal mit Bühne.

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Nachsorgekonzept der Akut-Tagesklinik erhält Preis

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Nachsorgekonzept der Akut-Tagesklinik erhält Preis /

Drei Menschen halten Urkunden und einen Scheck in der Hand und lächeln in die Kamera.

Gabriel Richter überreicht den Christian-Roller-Preis an Sarah Maria Müller-Strub und David Mikusky (von links). Foto: Illenauer Stiftungen

Psychologin Sarah Maria Müller-Strub und Oberarzt David Mikusky vom ZfP Reichenau haben ein Nachsorgekonzept entwickelt, das nicht nur bei Patientinnen und Patienten gut ankommt, sondern auch Aufschluss über die Behandlungsqualität gibt. 

Sarah Maria Müller-Strub, psychologische Psychotherapeutin in der Akut-Tagesklinik, wollte schon immer gern wissen, wie es ihren Patient:innen nach der Entlassung geht. Deshalb hat sie damit begonnen, sie einige Wochen später zu kontaktieren – nach vorheriger Absprache. „Mich interessiert auch, ob sie die Strategien, die sie während ihres Aufenthalts bei uns gelernt haben, weiterhin anwenden“, sagt sie. 

Weil die Erfahrungen positiv waren, hat sie zusammen mit Oberarzt David Mikusky eine Methode entwickelt, die seit einem knappen Jahr auf Station 24 standardmäßig angewandt wird. Dafür hat das Team den Christian-Roller-Preis der Illenauer Stiftungen erhalten, der alle zwei Jahre vergeben wird. Er würdigt praxisnahe, kreative Ansätze, die zu einer besseren Versorgung und mehr Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Beeinträchtigungen beitragen.

So funktioniert das Konzept /

Das Nachsorgekonzept ist einfach: Bei der Entlassung vereinbaren die behandelnden Therapeut:innen mit ihren Patient:innen ein Termin für ein Telefonat in den nächsten sechs bis acht Wochen. Bei diesem Gespräch wird unter anderem ein Fragebogen durchgesprochen. 

In dem etwa 15-minütigen teilstrukturierten Telefonat wird zum Beispiel abgeklärt, wie sich die Symptomstärke seit der Entlassung entwickelt hat, wie die Wiedereingliederung klappt, ob Medikamente weiterhin eingenommen werden und ob die Anschlussbehandlung wie geplant verläuft. Auch persönliche Entwicklungen werden besprochen. 

Schnelle Krisenintervention ist möglich /

„Wenn sich eine Krise andeutet, können wir sofort reagieren“, sagt Müller-Strub. Dann sei es ein großer Vorteil, wenn man sich schon kenne. Zum einen sei die Hürde nicht so hoch, sich Hilfe zu suchen, zum anderen müsse man nicht von vorne anfangen. „Das verkürzt die Behandlungsdauer“, erläutert Mikusky.

Die Fragen und Antwortmöglichkeiten sind in einer Excel-Datei hinterlegt, die während des Telefonats ausgefüllt wird. Die Daten fließen direkt in eine interne Statistik. Diese lässt Rückschlüsse auf die Behandlungsqualität zu, sodass das Vorgehen, falls erforderlich, angepasst werden kann.

Fast alle Patient:innen nehmen die Möglichkeit wahr /

Die Reaktionen der Patientinnen und Patienten seien sehr positiv, berichtet Müller-Strub. „Sie fühlen sich als Person gesehen und gehört. Das ist viel wert“, sagt die Psychologin. Und was sie besonders freut: Die allermeisten Patient:innen berichten, dass sie im Alltag konsequent umsetzen, was sie in der Klinik gelernt haben. Dass die Patientinnen und Patienten diesen Kontakt schätzen, zeigen auch die Zahlen. Circa 80 Prozent von ihnen rufen zum vereinbarten Termin an, zehn Prozent vergessen es, können aber nachträglich erreicht werden, und nur die anderen zehn Prozent lassen nicht mehr von sich hören. 

Laut Mikusky ist es denkbar, die Methode auch in anderen Tageskliniken oder offen geführten Stationen anzuwenden. Dazu müsste die Datei lediglich im Dokumentationssystem hinterlegt werden.

Preisübergabe in Wiesloch /

Bei der Preisübergabe in der Akademie im Park des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden in Wiesloch lobte Gabriel Richter, ehemaliger Chefarzt der Klinik für Alterspsychiatrie im ZfP Reichenau, den niederschwelligen und verständlich gehaltenen Ansatz jenseits des Überweisungsscheins. „Das Projekt wäre ohne die Unterstützung aller auf Station 24 im ZfP Reichenau tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kaum realisierbar gewesen“, sagte er und dankte allen für ihr Engagement.

Der Christian-Roller-Preis richtet sich an Mitarbeitende und Organisationseinheiten der drei psychiatrischen Zentren in Emmendingen, Wiesloch und Reichenau. Prämiert werden Projekte von allen Berufsgruppen, die in der psychiatrischen Versorgung arbeiten und die den Alltag von Patient:innen nachhaltig verbessern. Ziel ist es, innovative Ideen in der psychiatrischen Versorgung sichtbar zu machen und zu fördern.